„Wir brauchen einen Ast so dick wie dein Daumen - der hier ist gut.“ Ronan schob die Blätter auseinander, brach einen Zweig ab und schnitt eine flache Kerbe
hinein. „Das wird das Flötenloch, sieht du, hier kommt später die Luft raus. Jetzt schneide ich die Rinde ein Stück dahinter ein ... rundum ... und jetzt müssen wir sie nass machen.“
Er spuckte auf den Zweig, was Torin zum Kichern brachte, und klopfte mit dem Griff des Dolches auf die Rinde, während er das Holz drehte. „Im Frühling geht
das leichter, da ist die Rinde voller Saft. Jetzt wird es eine Weile dauern, bis sie sich abdrehen lässt …“
(aus Rauklands Sohn)
Die Weidenflöte gehört zu meinen frühesten Kindheitserinnerungen. Mein großartiger Papa hat mir Flöten geschnitzt, wenn die Weiden bei uns im Garten ihre Blätter bekamen und Klein-Jordis hat geflötet, was das Zeug hielt.
In Rauklands Sohn schnitzt Ronan dem kleinen Torin eine Weidenflöte. Auf diese kleine Szene hin kamen erstaunlich viele Leserfragen: Geht das wirklich? Kann man aus einem Weidenast eine richtige Flöte machen? Was tut Ronan da genau?
Hier ist sie nun, Ronans (und Papas ;)) Weidenflöte für Euch zum nachbasteln!
Was Du braucht, ist ein stabiles, scharfes Messer (oder Deinen Dolch ;)) und einen Weidenast. Wichtig ist der Zeitpunkt, an dem Du die Flöte machst: Die Rinde muss voller Saft sein, am besten
geht es im Frühjahr, wenn die Weiden ihre Blätter bekommen haben.
Du benötigst einen Ast ohne äußere Verletzungen, so dick wie der kleine Finger eines Erwachsenen. Die Länge ist nicht so wichtig, 10 cm sollten es aber schon sein.
Bitte sei vorsichtig, wenn Du die Flöte schnitzt, damit Du Dich nicht verletzt! Lass dir gegebenenfalls von jemandem helfen!
(Alle Bilder können durch Anklicken vergrößert werden!)
Schritt 1
So sieht der Ast aus, wenn Du ihn vom Weidenbaum abgeschnitten hast.
Schritt 2
Schneide jetzt das Ende gerade ab, ohne die Rinde zu verletzen. Die rechte Seite wird das spätere Mundstück der Flöte.
Schritt 3
Als erstes schnitzt Du das Mundstück. Dazu schneidest Du eine Stück von der Unterseite des Mundstücks ab, ca. 1 ½ cm weit.
Schritt 4a
Dann schnitzt du das Flötenloch, wo später die Luft austritt.
Schneide dazu auf der Oberseite der Flöte eine Kerbe in den Ast, ca. 2 m vom rechten Rand entfernt.
Schritt 4b
So sieht die Flöte jetzt von der Seite aus.
Du kannst sowohl die Kerbe auf der Oberseite, als auch den Schnitt an der Unterseite des Mundstücks erkennen.
Schritt 5
Schneide nun ca. 7 cm vom rechten Ende entfernt die Rinde rundum bis auf das Holz ein.
Achte darauf, dass die Rinde auf der rechten Seite des Einschnitts nicht einreißt. Bei der linken Seite ist das nicht schlimm.
Schritt 6
Jetzt musst Du den gesamten rechten Teil der Rinde nass machen. Ronan spuckt darauf, aber Du kannst auch Wasser nehmen. Nimm die Rückseite des Messers (die Rückseite sollte möglichst eben sein und nicht gewölbt) und klopfe die Rinde, während Du die Flöte drehst. Am besten geht das, wenn Du die Flöte auf Deinen Ober- schenkel legst. Du musst jedes Stück der Rinde klopfen. Das dauert ca. 2 Minuten. Befeuchte die Rinde zwischendurch erneut.
Schritt 7a
Jetzt löst Du die Rinde ab.
Umfasse dazu beide Hälften der Flöte mit der Hand und drehe den rechten Teil der Rinde (den, den du geklopft hast) mit Gefühl ab.
Schritt 7b
Wenn Du es richtig gemacht hast, hörst Du ein Knacken.
Nun hat sich die Rinde vom Holz gelöst.
Schritt 8a
Jetzt kannst Du die Rinde vorsichtig in Richtung Mundstück vom Holz herunter ziehen.
Schritt 8b
So sieht Deine Flöte jetzt aus.
Die Rinde brauchst Du gleich wieder.
Schritt 9
Erst schneidest Du den Lufteinlass zum Flötenloch. Verlängere dazu die schon vorhandene Kerbe bis zum Mundstück, indem Du waagerecht das Holz bis zum rechten Rand weg- schneidest (siehe
waagerechte orange Linie),
Dann schneidest Du an der senkrechten orangen Linie den Ast durch. Jetzt hast Du drei Teile.
Schritt 10a
Schiebe nun zuerst Teil A vorsichtig in die Rinde (B), und zwar dorthin, wo es vorher gesessen hat, sprich, die abgeflachten Stellen zeigen nach oben und nach unten.
Danach schiebst Du die Rinde (mit Teil A darin) über das blanke Holz (C) aber nur ca. 2 cm weit, so dass noch ein Hohlraum bleibt. Das geht leichter, wenn Du das blanke Holz etwas anfeuchtest.
Schritt 10b
Auf diesem Bild siehst Du das klein Holzstück (A) in der zuvor abgelösten Rinde von vorn. Das Luftloch ist oben.
Schritt 11
Hier kannst Du erkennen wieviel Luftraum Du benötigst. Über den Luftraum kannst Du die Tonhöhe deiner Flöte bestimmen: Schiebst du die Rinde tiefer auf das Holz (kürzere gelbe Linie) bekommst Du höhere Töne, ein größerer Luftraum macht tiefere Töne.
Schritt 12
Die Flöte ist fertig, nun kannst du sie ausprobieren. Wenn Du nicht sofort einen klaren Ton bekommst, schiebe die Rinde vorsichtig vor und zurück.
Nicht zu feste pusten!
Jetzt kannst Du Dir ein ganzes Flötenorchester in verschiedenen Tonhöhen zusammenstellen! Wenn Du Deine erste Flöte geschnitzt hast, dann schick mir doch ein Bild oder ein Video! Wenn Du willst - und nur dann - poste ich es auf meiner Homepage. Wenn Du Fragen hast oder Deine Flöte einfach keinen Ton von sich gibt, schreib mir und ich helfe Dir.
Bestimmt benötigst Du noch mehr Musikinstrumente - was hälst Du von einer Hupe oder sogar einem Waldhorn? Das macht richtig Krach!